Es ist schon kurz nach Mittag, als wir endlich wieder auf der Strasse sind. Der Fahrtwind tut richtig gut. Es war schön mal eine Woche nichts zu packen, wenig zu organisieren, auszuruhen, aber auf die Dauer ist das zu langweilig. Wir wollen uns heute Abend mit Veronika und Andreas, 2 Fahrradfahrern die wir auf dem 3 G´s Campingplatz kennen gelernt haben, in Norawank treffen und dort irgendwo wild zelten. Die Beiden sind schon vor 2 Tagen losgefahren, wir sind ja etwas schneller.
Wir nehmen zunächst kurz hinter Garni eine "Abkürzung" Richtung Süden. Es sind zwar 20 km weniger, aber die Strasse ist so schlecht, dass wir wahrscheinlich einige Zeit mehr brauchen, als wir über die große Hauptstraße gebraucht hätten. Wir werden aber mit sagenhaften Ausblicken belohnt und 2 enge, steile Kurven mit tiefen Löchern, Schotter und dicken Steinen sind eine echte Herausforderung für uns. Es macht Spaß zu fahren und im Dunst sehen wir den großen Ararat (5137m). Auch wenn der Ararat heute in der Türkei liegt, ist er das Nationalsymbol der Armenier, die bis zum Völkermord, größtenteils ihren Siedlungsraum rund um den Ararat hatten. Er ist auch im Wappen Armeniens abgebildet.
Irgendwie trödeln wir heute. Es ist schon später Nachmittag als wir in die zuerst ganz enge Felsenschlucht des Amaghu einbiegen. Dann weitet sich die Schlucht und die roten Felsen strahlen im warmen Licht. Wir sind total begeistert. Die kleine Strasse führt in sehr gutem Zustand bergauf, direkt zum Kloster, das am felsigen Hang liegt. Das Kloster Norawank wurde im 13.Jahrhundert erbaut. Die Klosteranlage besteht heute aus der Johannes dem Täufer geweihten Hauptkirche, mit dem ihr vorgelagerten Gawit (Eingangshalle) und der anbebauten Gregorkirche. Innerhalb der Umfassungsmauern aus dem 17. und 18. Jahrhundert befindet sich auch noch die Mausoleumskirche (Surp Astvatsin), die ganz besonders schön ist. Sie besitzt den drei Ebenen-Aufbau einer Mausoleumskirche des 14.Jahrhunderts. Die erste Ebene ist zugänglich über sechs Stufen, die in das Mausoleum hinabführen. Die zweite Ebene mit ihrem kreuzförmigen Grundriss wird über zwei schmale Außentreppen erreicht. Die dritte Ebene wird durch eine 12-säuligen Rotunde gebildet, die von einer Kuppel gekrönt ist; diese wurde 1840 zerstört und 1997 wieder aufgebaut. Die Kirche besitzt innen wie außen einen großen Skulpturenreichtum.
Veronika und Andi sind schon da und direkt am Kloster gibt es eigentlich nur eine Möglichkeit einigermaßen grade zu zelten, unterhalb der alten Mauern. Wir fragen und es ist kein Problem. Es gibt sogar Wasser und geöffnete Toiletten. Wir warten noch ein wenig bis die meisten Touristen weg sind, dann werden fix die Zelte aufgebaut. Es ist schon dunkel als wir einen Gemüsetopf mit Reis kochen und dazu ein Gläschen Wein trinken.Ein sagenhafter Sternenhimmel mit Milchstrasse ist über uns. Es wird richtig windig und wir bringen sicherheitshalber noch die Sturmabspannungen am Zelt an, der Abgrund ist schließlich nur 3 Meter entfernt. Es wird eine unruhige Nacht, Bernd hat sich ordentlich erkältet und hustet noch passend zum Sturm.
Am nächsten Morgen ist der Himmel wieder strahlendblau. Wir genießen die Ruhe und friedliche Atmosphäre am Kloster und sind noch fast 2 Stunden alleine, bevor die ersten Touristenbusse eintreffen.